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- 22. Mai 2024
„Warum gerate ich eigentlich immer wieder an den falschen Partner?“
Wie oft höre ich in Therapien den verzweifelten Satz:
Und ich verstehe gar nicht, warum mich immer diese Arschloch-Typen anziehen!
Wie „wählen“ wir eigentlich unsere Partnerin aus? Von wem sind wir angezogen?
Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir etwas weiter zurückgehen. Unsere Partnerwahl findet auf einer unbewussten Ebene statt, es zieht uns hin, wir entscheiden nicht auf bewusster Ebene, dass ein bestimmter Mensch wohl zu uns passen wird. Wir sind angezogen von etwas, von dem wir das Gefühl haben, es gar nicht steuern zu können. Es zieht uns magisch in den Bann.
Doch was passiert da eigentlich genau?
Wir kommen als Erwartung auf die Welt– als Erwartung geliebt zu werden, wie wir sind. In den meisten Fällen wird diese Erwartung enttäuscht. Optimalerweise wachsen wir in einer sicheren Umgebung auf, bekommen ausreichend Aufmerksamkeit, haben jemanden mit dem wir über alles sprechen können, werden geliebt wie wir sind und sind in Verbindung mit den Menschen um uns herum. Um ehrlich zu sein, das klingt wie im Paradies. Die Realität ist, dass wir alle unseren Rucksack mit größeren oder kleineren unbewältigten Erfahrungen mit uns herumtragen. Immer wenn wir selber an alten Wunden getriggert sind, weichen wir von diesem Idealzustand der Erziehung unserer Kinder ab. Als Kinder können wir nur überleben, wenn wir uns die Zugehörigkeit in unserer Familie sichern. Deshalb passen wir uns an die vorherrschenden Bedingungen an und schauen, was von uns erwartet wird, damit wir Teil des Systems sein können. Im Extremfall werden wir hypervigilant, nehmen jede kleinste Regung unserer Bezugspersonen wahr, um frühzeitig reagieren zu können, damit wir sicher sind. Lebendige und gesunde Emotionen wie Freude oder Ärger drücken wir nicht mehr aus, aus Angst, abgelehnt zu werden.
Unsere sogenannten Bindungserfahrungen, also die Art und Weise wie unsere Eltern auf uns eingehen, beeinflussen wie unser Gehirn sich entwickelt. Unsere Amygdala, als Teil des limbischen Systems, ist zuständig für die emotionale Bewertung von Situationen. Die wichtigste Emotion, die von ihr gesteuert wird, ist Angst. Die Amygdala bildet aus vergangenen Erfahrungen eine Blaupause wie in Zukunft mit Gefahr umzugehen ist. Mit diesem Erbe an Erfahrungen gehen wir in unsere erwachsenen Beziehungen.
Und damit nicht genug
– wir ziehen an, was uns vertraut ist. Wir sehen im anderen etwas, was uns vertraut ist aus unserer Vergangenheit. Wir sind magisch angezogen von Menschen, die unsere Erfahrungen bestätigen. Zunächst sind wir beruhigt durch die neue Energie, die dieser Mensch in unser Leben bringt und nehmen erste red flags nicht wahr bzw. wir nehmen sie wahr, reden sie uns aber schön, indem wir wohlwollend und verständnisvoll das entsprechende Verhalten rechtfertigen. Je mehr die Phase der ersten Verliebtheit schwindet, desto eher kommen wir mit unseren alten Verletzungen in Kontakt und geraten in die typischen Teufelskreise, in denen sich unsere alten Muster gegenseitig befeuern.
Wie komme ich aus diesem Teufelskreis heraus?
Stellen Sie sich ein paar Fragen und nehmen Sie sich ausreichend Zeit damit zu verweilen:
- Von welchem Typ Mensch sind Sie eigentlich angezogen?
- Welche Qualitäten haben all diese romantischen Partner gemeinsam?
- Was ist das Gemeinsame daran, wie sie Sie behandeln?
- Wie gehen Sie in Beziehung? Emotional bedürftig? Sexy? Als Retterin?
- Wo sind die Lücken in der Kommunikation mit Ihrem Partner? Was wird nicht gehört, wenn Sie es ansprechen?
- Welche negativen Gefühle zeigen sich manchmal – vielleicht auch nur subtil und unterschwellig?
- Gehen Sie zurück in der Zeit und fragen Sie sich: Was hat mir (emotional) gefehlt im Umgang mit meinen Eltern/Bezugspersonen? Erinnern Sie ein bestimmtes Ereignis? Was fühlen Sie in Ihrem Körper, wenn Sie daran denken? Was denken/glauben Sie über sich und die Welt, wenn Sie diese Zeit Revue passieren lassen?
- Machen Sie eine Übersicht über Ihre Kernverletzungen und was damit zusammenhängt. Notieren Sie:
- Meine Kernverletzung
- Mein Glaubenssatz, den ich damit verbinde – bzw. was ich über mich in der Situation „gelernt“ habe
- Wie habe ich diese Verletzung in der Kindheit erlebt?
- Wie wird sie reaktiviert in meinem Erwachsenenleben?
- Was fühle ich im Körper, wenn die Wunde aktiviert ist?
- Was sind meine Gefühle dazu?
- Wie reagiere ich, wenn meine Kernverletzung aktiviert ist?
Wenn Sie diese Fragen gerne in einem sicheren Rahmen anschauen möchten und sich Unterstützung von außen wünschen schreiben Sie mir gerne an
kontakt@paartherapie-badnauheim.de und wir schauen gemeinsam, wie Sie Ihre alten Muster erkennen, verstehen und sich daraus lösen können.
Ihre
Birgit Rolf
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